06.06.07
Liebes Tagebuch,
heute bin ich richtig fertig von der Arbeit bekommen. Es war Stau von dem Weg von der Arbeit zu meinem geliebten Wohnort Hardterbroich.
Danach musste ich meine 17-jährige Tochter zum Festzelt fahren, weil dort so eine komische Band spielte namens „just is“. Als ich sie Nachts um 1 Uhr abgeholt habe, war sie jedoch völlig begeistert und meinte: „Papa, das war der beste Abend seit lan-gem, so eine tolle Band, und so viele nette Leute, ob Jung, ob Alt, alle haben zusammen geifert. Das war eine richtig tolle Atmosphäre. Schade, dass so etwas nicht öfters hier bei uns in Hardterbroich ist.“
Jaja, die Jugend. Aber schon schön, dass man hier mal in unserem Ortsteil so etwas hat. Vielleicht gehe ich nächstes Mal mit meiner Frau mit, denn meine Tochter sagte, dass dort auch viele unserer Nachbarn waren. Mal sehen.
07.06.07
Liebes Tagebuch,
langsam werde ich neugierig was hier in Hardterbroich los ist. Meine 87-jährige Schwiegermutter kam von einem Altenkaffee. Das war auch noch im gleichen Zelt, wo meine Tochtert gestern war. Sehr merkwürdig, sie sprach von Schützenfest und Bruderschaft. Es gab Kaffee und Kuchen gratis und ein tolles Programm, alles für Senioren zugeschnitten und das alles für eine kleine freiwliige Spende. Sie meinte, der Nachmitag war schöner als Weihnachten, das gibt mir wirklich zu denken.
08.06.07
Liebes Tagebuch,
ich bin eben nach der Arbeit mal am Zeltplatz vorbeigefahren, dort hing ein Plakat mit allen Terminen. Samstag, Sonntag, Montag, immer alles frei und live Musik. Ich frage gleich mal meine Frau, ob Sie mit mir dort hingeht. Meine Tochter und meine Schwiegermutter schwärmen noch immer von Ihren tollen „Abenteuern“. Das macht mich wirklich neugierig.
09.06.07
Liebes Tagebuch,
man, war das ein Erlebnis heute. Als ich zum Festzelt wollte, kam ich gerade an der St. Bonifatius-Kirche vorbei. Dort war „Zapfenstreich“, wie mir dann ein Bekannter mitteilte, der dort war. Es war eine Art Zeremonie, aber ganz toll zelebriert und gesittet. Die ca. 150 Leute waren begeistert. Es standen ganz viele Schützen in tollen Uniformen da und Frauen in tollen Kleidern.
Danach zogen sie ins Zelt und die Menschenmasse vom Kirchenplatz zog mit. Ich suchte meine Frau, sah sie vom Weiten und hörte noch: „Schatz, wir sehen uns im Zelt“. Ich kam auf den Kirmesplatz, ich sah eine Schießbude, einen Imbisswagen, Zuckerbäcker und Losbude. Achja, und ein Kinderkarusell. Und natürlich ein großes schönes weißes Zelt. Ich ging hinein, ich traute meinen Augen kaum. Die ganze Nachbarschafft war da und tranken gemütlich ein Bier. Auf einmal eine Hand auf meinem Rücken und es war Kalle mein Freund der sagte: „Jupp, komm hee, ich jeb dich eene aus“. Gesagt, Getan, wir tranken ein leckeres kaltes Bier zusammen. Ganz am Ende sah ich eine Bühne, auf der Leute saßen mit komischen Ketten. Kalle erklärte mir: „Dat is dee Königin und de Prinz, de haben hee jetzt dat saagen für een paar Tage“. Ich verstand langsam die Grundzüge einer Bruderschaft, nachdem mir Kalle alles nach und nach erklärte.
Ein relativ großer und schwerer Mann nam sich Mikrofon und fing auf einmal an zu reden. Er erzählte was von einer Fahne, die im Hintergrund schimmerte. Anschließend begrüte er ganz viele Leute und die Gruppen, die gemütlich an den Tischreihen saßen und miteinander feierten und tranken.
Eine tolle Atmosphäre, alles war so familiär und gemütlich. Meine Frau trank sich schon mit ein paar Nachbarinnen ein paar „Schön Poppen“. Was das wohl ist, vielleicht hilft es unserer Ehe wieder auf die Sprünge im Bett? Aber meine Frau wurde eher immer träger und redete langsam. Sie war schlicht betrunken.
Was kam dann auf einmal? Eine Band fing an zu spielen, heyyy, die waren richtig gut und einzelne fingen an zu tanzen.
Ich trank weiter mit Kalle ein paar Bier und begann in einem Festheft zu lesen. Hier standen interessante Sachen drin und ein paar Anzeigen, die sich bestimmt mal als nützlich herausstellen werden.
Weiterhin wurde ich auf einmal fast von einer marschierenden Bande in grünen Uniformen umgerannt, weil ich Tollpatsch nicht aufpassen konnte. Nicht schlecht die Jungens, fast wie bei der Bundeswehr. Man ist das lange her.
Dann kamen die von oben runter und tanzten. Ehrentanz nannte man sowas, erzählte mir jemand der auch eine Uniform trug. Netter Mann, kam direkt auf mich zu und beantwortete mir ein paar Fragen.
Ein paar Bier später, es war mittlerweile 23 Uhr und ich wollte so langsam mal gehen, wurde die Band immer lauter und die Tanzfläche füllte sich mit einem Lied, was meine Tochter mal gehört hat. Skuuter oder sowas. Aber den Leuten gefiel es, und was war das, meiner Frau wohl auch. Sie tanzte wie seit Jahren nicht mehr und rief mich auf die Tanzfläche. Ich wollte nicht, jedoch als Kalle mich mitzog musste ich gezwungermaßen tanzen. Aber es ging ganz gut. Die Biere haben mich ein wenig aufgelockert. Und es gefiel mit immer besser, was für eine Stimmung auf einmal war und erwischte mich dabei, wie ich richtig tanzte.
Um 1 Uhr ca. war dann alles vorbei und ich nahm meine Frau und wir gingen nach hause, die war soooo gut drauf von diesem tollen Abend, das sie mich heute Nacht noch richtig glücklich gemacht hat. Hehe.
10.06.07:
Liebes Tagebuch,
heute morgen hatte ich einen richtig dicken Schädel. Meine Frau wollte unbedingt in die Kirche, sie ist ja hier groß geworden und ich bin ja nur ein Hinzugezogener.
Wir gingen nie in die Kirche, jedoch redete sie davon, dass ein besonderer Pfarrer, der sie wohl damals zur Kommunion begleitet hat noch mal extra die Messe leitet. Günter hieß der. Die Kirche war auf einmal voller Schützen, die aus dem Festzelt gestern. Hmm...die hatten sowas wie Festhochamt, erzählte meine Frau. Es war eine wirklich tolle und bewegende Messe. Auch dieser große, schwere Mann war wieder da. Der Präsident war das stellte sich kurze Zeit später heraus.
Ich fragte meine Frau, kennst du das hier mit der Bruderschaft? Sie sagte sie seien früher immer da gewesen, aber da war alles noch viel größer und das ganze Dorf war dabei. Aber da gab es auch nichts anderes an Festen wie so tolle Schützenfeste.
Ich kam ja aus Sauerland, da kennt man sowas kaum.
Sie erzählte mir, dass dieses Jahr Jubiläum sei, und deswegen auch diese Fahne gemacht wurde. Ich interessierte mich immer mehr dafür. Auf dem Kirchplatz wurde nach der Messe miteinander geredet. Groß mit Klein und Klein mit Groß. Alt mit Jung und Jung mit Alt. Man erkannte eine richtige „Gemeinde“.
Kalle war auch da, er sagte, gehen wir noch zum Frühschoppen? Ich entgegnete ihm, klar, in unserer Stammkneipe? Nix da, ab ins Zelt, sagte er und dort gingen wir dann auch hin.
Wie gestern, war das Zelt wieder voll. Diesmal spielte eine Musikkapelle mit Pauken und Trompeten. Mal was anderes fand ich. Das Bier schmeckte so umso besser. Ein Paar wurde wegen Ihrer goldenen Hochzeit geehrt. Wie aufmerksam, wie in einer Familie. Ich wüsste jetzt nicht wann meine Mutter und Papa goldene Hochzeit hätten.
Auf mich kam wieder der Bruderschaftler hinzu und ich fragte ihn, was denn hier los sei und wie lange das hier noch geht. Er sagte kommt heute Abend wieder und morgen Nachmittag ist hier auch noch was. Außerdem ist heute abend Parade!
Gesagt, Getan, nach einem Mittagsschlaf ging ich mit Kalle zur Parade. Man, war das voll und der Zug war riesengroß. Ganz viele Schützen konnte man sehen. Und wie viele Damen in tollen Kleidern rumliefen. Besonders die Frau mit dem Silber um, das war die Königin sagte Kalle, sah gut aus mit Ihren beiden Damen an der Seite. Noch hübscher fand ich aber die jungen Damen, die mit dem Prinz und seinen 2 Kumpels darum liefen. Bildhübsche junge Dinger waren das. Mensch, wär ich doch nochmal 20.
Ich hatte Glück gerade noch einen Stehplatz etwas weiter vorne zu kriegen. Ich sah mir diese Parade mit den Schützen, der Musik und den ganzen toll gestickten Fahnen an. Der Präsident war auch da und hat alle vorgestellt. Ich habe zwar nicht alles verstanden, aber es war auf jeden Fall eine Hilfe.
Es dauerte ca. eine halbe Stunde, einfach toll. Obwohl ich garnicht wusste warum und wieso fand ich es einfach klasse.
Wieder ging es danach ins Zelt, zum Glück habe ich morgen Brückentag auf der Arbeit und somit frei. Kalle, der ja schon Frührenter ist, meinte, wir sollen uns heute nochmal ordentlich einen trinken.
Es war genauso toll wie gestern, sogar der Oberbürgermeister Bude war da und hat eine Rede geschwungen. Und noch so einer, der war noch etwas schwerer als der Präsident, hat auch was gesagt. Der war irgendwie Schützenmeister oder so. Auf jeden Fall was Wichtiges von weiter weg. Horst Thoren hieß der glaube ich. Tolle Reden konnten die halten. Zwar war immer Rede von dieser Fahne, aber nun gut.
Nachher kamen noch ein paar Ehrungen, aber davon hab ich ja null Ahnung.
Das Zelt war proppevoll, es waren so viele Schützen da, die alle miteinander redeten und feierten. Auch welche mit unterschiedlichen Uniformen tauschten sich aus. Als ob hier jeder dazugehört. Mich grüßten ein paar dieser Schützen, obwohl ich die garnicht kannte. Sehr nett auf jeden Fall.
Zum Glück muss meine Frau morgen arbeiten, so konnte ich mit Kalle richtig Gas geben. Die Band von gestern war auch wieder da und heizte genauso wie gestern ein. Man, hatte ich einen Spaß.
11.06.2007
Liebes Tagebuch,
mein Magen bedankte sich heute morgen auf Toilette für das viele Bier und den Backfisch, den mir dieser Präsident an der Imbissbude ausdrücklich empfohlen hatte. Der jagte sich den so mit Genuss rein, da dachte ich, ok probier den auch mal. War vielleicht wat fettig.
Heute an meinem freien Tag gehe ich nochmal dahin. Ich hörte schon eine Gruppe durch die Straße ziehen. Heute, erzählte mir dieser nette Schütze, ziehen sie auch hier an meiner Haustür in der Hardterbroicher Gasse 7 vorbei. Und es stimmte. Alle hatten wohl jetzt nicht mehr diese Schützenuniformen an, sondern trugen Hemden, Trachten und die Damen so bayrische Dirndels. Und Holzschuhe, wie die Holländer. Komisches Volk, aber alle sahen ziemlich gut gelaunt aus. Und man konnte den Da-men gut wohingucken in diesen Dirndels. Hoffentlich liest meine Frau nie mein Tagebuch.
Kalle kam vorbei und wieder ging es ins Zelt. Dort war schon wieder gute Stimmung. Auf einmal war es stiller als sonst. Irgendetwas sollte aufgeführt werden. So ein Landstreicher in Bademantel kam ins Zelt und saß sich auf einen Liegestuhl. Dann erkannte ich, dass dies wohl eine Rolle sei und hier eine Art Theaterstück laufen sollte. Auf jeden Fall erzählte dieser Herr eine Art Märchen. Alle hörten gespannt zu. Es war eine Art Musical. Die Grundgeschichte war Hänsel und Gre-tel, jedoch sehr neumodern aufgespielt. Alle möglichen anderen Märchenfiguren kreuzten das Stück. Man, war das eine tolle Idee. Und fast schon profesionell ge-spielt. Alle lachten und klatschten. Wirklich toll. Was die sich einfallen lassen.
Um 10 Uhr wollte ich dann gehen, ich muss ja morgen wieder arbeiten. Man waren das tolle Tage, obwohl ich an meinem langen Wochenende eigentlich faulenzen und zum Angeln wollte.
Ich freue mich schon auf nächstes Jahr und dann feier ich mit ein wenig mehr Hintergrundwissen meine 2. Kirmes mit. Ich hätte ja nie gedacht, dass mir sowas mal gefällt. Man muss diesen Bruderschaftlern wirklich Lob aussprechen, was die für das Dorf hier tuen. Ich habe gehört, die arbeiten sogar beim Pfarrfest und bei anderen Dingen mit. Sehr vorbildlich.
Nun Gut, liebes Tagebuch, dann klapp ich dich mal zu und schlaf meinen Kirmesrausch aus.
Dein Jupp aus Hardterbroich
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